Notarielles Nachlassverzeichnis stets geschuldet!

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Ein Erbe ist im Fall der Enterbung eines Abkömmlings Auskunftsansprüchen der Pflichtteilsberechtigten ausgesetzt. Diese bestehen darin, dass im Regelfall ein geordnetes Bestandsverzeichnis über die Aktiva und Passiva des Nachlassverzeichnisses zu erstellen ist. Der Pflichtteilsberechtigte soll hierdurch in die Lage versetzt werden Ansprüche auf Pflichtteilsrecht für sich errechnen zu können. Da, hier präzise Angaben benötigt werden, die mit hoher Sorgfalt ermittelt werden müssen kann der Pflichtteilsberechtigte immer auch ein notarielles Nachlassverzeichnis zusätzlich zu einem Nachlassverzeichnis nachfordern, welches der Erbe privat (oder durch einen Rechtsanwalt) erstellen ließ. Bestehen also Zweifel daran, dass der Erbe die von ihm erteilten Auskünfte mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt hatte, kann insbesondere bei hohem Nachlassvermögen die nochmalige Überprüfung dringend geboten sein

In welcher Reihenfolge ist übrigens egal (der Pflichtteilsberechtigte kann seine Ansprüche auf Erteilung eines privaten und eines notariellen Verzeichnisses neben- oder hintereinander geltend machen (BGH NJW 1961, S. 602, 604; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2007, S. 881 f; Müller in Beckscher Online-Kommentar BGB, Stand 01.08.2016, § 2314 Rz. 22; Weidlich in Palandt, BGB, 76. Aufl, § 2314 Rz.7). Sogar ein Anwalt des Pflichtteilsberechtigten hat unseres Erachtens übrigens das Recht dann bei Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses anwesend zu sein.

Nur im Einzelfall kann der Erbe sich diesem berechtigten Anspruch des Pflichtteilsberechtigten widersetzten. So hatte das OLG München hat in seinem Urteil vom 01.06.2017 (A.z.: 23 U 3956/16) geurteilt, dass nur dann die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigert werden darf, wenn die Kosten, die die Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses mit sich bringen nicht aus dem Nachlass selbst finanziert werden können und der Pflichtteilsberechtigte sich auch nicht bereit erklärt die hierfür anfallenden Kosten zu übernehmen. Erklärt sich der Pflichtteilsberechtigte aber dazu bereit die Kosten der Erstellung eines notariellen Bestandsverzeichnisses zu übernehmen ist die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses geschuldet.

In dem vom OLG München entschiedenen Fall war die hochbetagte und erkrankte Erbin daher verurteilt worden auch noch ein notarielles Bestandsverzeichnis zu erstellen. Dies, weil der Pflichtteilsberechtigte sich bereit erklärt hatte die Kosten für ein notarielles Nachlassverzeichnis zu übernehmen.

Wir halten eine Allgemeingültigkeit dieser Rechtsprechung nicht für den Einzelfall gegeben. So können insbesondere dann, wenn feststeht, das der Pflichtteilsberechtigte ersichtlich keine Ansprüche auf Zahlung gegenüber dem Erben geltend machen kann, weil Vermögenslosigkeit besteht eigentlich keine vernünftigen Motive für die Forderung nach einem notariellen Nachlassverzeichnis unterstellt werden. Die Geltendmachung von Ansprüchen ist gesetzlich durch das Verbot unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt. Das Schikane- Verbot das nach §§ 242, 226 BGB immer dann gilt, wenn Rechtsansprüche geltend gemacht werden um den Schuldner zu schikanieren und zu schädigen sollte eigentlich auch und gerade in erbrechtlichen Fallgestaltungen Beachtung finden. Dies, falls der oder die Verstorbene z.B. erkennbar vermögenslos, nicht über eigenes Bar- oder Sparvermögen verfügte, dafür ausschließlich über hohe Schulden, welche auch noch zum Zeitpunkt des Todes nicht durch eine abgeschlossenes Privatinsolvenzverfahren erledigt waren. Dann ist ersichtlich, dass der oder die Pflichtteilsberechtigte den Erben ggf. nur quälen und an den tragischen Verlust des oder der Verstorbenen erinnern will, ohne dass es tatsächlich einen verbliebenen, objektiv schützenswerten Orientierungsbedarf des oder der Pflichtteilsberechtigten gab.

Immerhin lag der Fall vor dem OLG München insoweit anders. Hier waren wohl zwar Auskünfte erfolgt die Vermögensgegenstände wiedergegeben hatten und wohl auch Geld – und Sparvermögen. Besaß allerdings der oder die Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes keine eigenen Konten mehr und war auch der Hausrat lediglich zum Beispiel vom überlebenden Ehepartner der oder des Verstorbenen angeschafft worden gibt es schlichtweg nichts, über was der Notar ein Vermögensverzeichnis erstellen könnte. Dies mit Ausnahme der Beerdigungskosten. Diese der Höhe nach zu erfahren, hat der Pflichtteilsberechtigte aber unseres Erachtens mit an Sicherheit reichender Wahrscheinlichkeit kein schützenswertes, rechtliches Interesse.

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