Spekulationsfrist für Erben?

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BFH, Urteil vom 29.06.2011 – IX R 63/10

Wer eine Immobilie erbt und nichts dafür bezahlen muss erwirbt dass Haus nicht durch Anschaffung sondern eben durch die Erbschaft.

Da in diesem Fall keine Anschaffung durch den Erben bzw. Veräußerung durch den Erblasser vorliegt, also kein entgeltlicher Erwerb des Erben stattfindet,  ist es egal ob die Erblasserin oder der Erblasser die Immobilie vor 10 Jahren angeschafft hatten oder nicht. Durch die Annahme der Erbschaft innerhalb der laufenden 10 jährigen Spekulationsfrist für den oder die Erblasser/in kommt keine Einkommenssteuer für den Erwerb der Immobilie (von Todes wegen) zum Entstehen. (anders aber was die Erbschaftssteuer selbst betrifft, wenn deren Freigrenzen wertmäßig überschritten werden).

Für die Frage einer (Weiter-) Veräußerung der Immobilie durch die Erben gilt dann für den Fall eines Erwerbs durch Erbanfall Folgendes:

Damit ist es, so dass die Spekulationsfrist von 10 Jahren,  die die Erblasserin oder den Erblasser ab dem Zeitpunkt der Anschaffung läuft,  auch die oder den Erben bindet. Diese Frist des 23 EStG läuft für den oder die Erbin weiter. Bei der Weiterveräußerung der Immobilie vor Ablauf von 10 Jahren ab der Anschaffung der Immobilie durch den oder die Erblasser/in  wird der Erbe dann zur Zahlung von Einkommensteuern verpflichtet. 

Ist die 10 Jahresfrist abgelaufen, passiert nichts.

Allerdings muss darauf Acht gegeben werden, wann der Erbe zum Notar geht, wenn er die geerbte Immobilie veräußern will. Dies um böse Überraschungen zu vermeiden:

So ist nicht die Umschreibung des Eigentums auf den Käufer, sondern der Abschluss der entsprechenden notariellen Vereinbarung aus Sicht der Finanzverwaltung maßgeblich für die Berechnung der 10- Jahres Frist (vgl. hierzu BFH 8.4.14, IX R 18/13).

Schließlich kann selbst im Fall einer Erbschaft der Fall hinsichtlich der Spekulationsfrist die zu Lasten der Erblasserin bzw. zu Lasten des Erblassers gegolten hat anders liegen.

  • Dies, wenn der Erbe oder der von einem Vermächtnis begünstigte die Immobilie erhalten sollte, hierfür allerdings vorgesehen war, dass eine Zahlung an andere Miterben oder Dritte zu leisten war. 
  • Dann kommt es darauf an, ob die Zahlungsverpflichtung dem Wert der Immobilie entspricht oder nicht. Liegt insoweit ein (teilweise)entgeltliches Geschäft vor, ist die Spekulationsfrist dann ggf. doch zu beachten.
  • Dies allerdings auch nur, falls mit der (teilweisen)„Veräußerung“ ein Gewinn erzielt wurde.

vgl. insoweit: BFH, Urteil vom 29.06.2011- IX R 63/10, aus welchem nachfolgend zitiert wird:

„Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Etwas anderes gilt indes dann, wenn der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung erbringen muss (BFH-Urteil vom 13. November 2002 I R 110/00BFH/NV 2003, 820; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. März 2006, BStBl I 2006, 253, Tz 63; aus dem Schrifttum vgl. z.B. Reiß in Kirchhof,EStG, 10. Aufl., § 16 Rz 92).

So liegt ein in vollem Umfang entgeltliches Geschäft vor, wenn der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung erbringen muss, deren Wert die vermächtnisweise Zuwendung annähernd ausgleicht (so BFH-Urteilin BFH/NV 2003, 820).

Ist das aber nicht der Fall, muss also der Vermächtnisnehmer den Wert der Zuwendung nicht voll ausgleichen,handelt es sich um ein teil-entgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2000 IX R 50, 51/97, BFH/NV 2000, 1396; vgl. dazu die h.M.im Schrifttum, z.B. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 23 EStG Rz 236; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 23Rz 43; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 98, jeweils m.w.N.).

c) Nur in Bezug auf den entgeltlichen Teil des Erwerbs liegt ein Anschaffungsvorgang vor und erfüllt die bedachte Klägerin mithin die Voraussetzungen eines steuerbaren Veräußerungsgeschäfts. Soweit sie unentgeltlich erworben hat, ist ihr nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen.

Da der Vermächtnisnehmer nicht Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger des Erblassers ist(BFH-Urteil vom 6. März 1975 IV R 213/71BFHE 116, 254BStBl II1975, 739), ist er Einzelrechtsnachfolger der Erbengemeinschaft, die ihrerseits den Nachlass unentgeltlich erworben und damit nicht angeschafft hat(vgl. dazu BFH-Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 2/89BFHE 161, 332BStBl II 1990, 837;BFH-Beschluss vom 28. Januar 1998 VIII B 9/97BFH/NV 1998, 959).

Selbst wenn die Anschaffung durch den Erblasser gegen die Erbengemeinschaft wirkt (vgl. dazu Wernsmann, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 81; HHR/Musil,§ 23 EStG Rz 236) und die Klägerin nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG in diese Position eintritt, ist für eine Veräußerung in laufender Veräußerungsfrist nichts ersichtlich.

a) Das FG geht unzutreffend davon aus, die Klägerin hätte Anschaffungskosten für die zusätzlich zu ihrem Erbteil erworbene Grundstückshälfte der Schwester getragen.Die Klägerin erwarb aber nicht nur –wie das FG ausführt– in Höhe ihres eigenen Anteils am Grundstückswert unentgeltlich. Vielmehr erwarb die Klägerin durch den Erbfall zunächst nur einen Anteil an der Erbengemeinschaft und eben nicht einen Anteil am Grundbesitz. Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, so geht sein Vermögen mit seinem Tode im Ganzen auf die Erben über und wird bei ihnen zu gemeinschaftlichem Vermögen (§ 1922 Abs. 1, § 2032 Abs. 1 BGB). Das Grundstück, um das es hier geht, ging also auf die Erbengemeinschaft über. Von dieser erwarb es schließlich die Klägerin, und zwar –wie dargelegt– zu drei Viertel unentgeltlich. Rechtsgrundlage für diesen Erwerb ist das Voraus-vermächtnis, mit dem die Erblasserin die Klägerin bedachte und mit dem sie die Erbengemeinschaft, bestehend aus der Klägerin und ihrer Schwester,belastete. In Erfüllung dieses Vermächtnisses gemäß § 2174 BGB kam sodann der Grundstücksübertragungsvertrag vom 17. April 2003 zustande, mit dem die Erbengemeinschaft der Klägerin –in einer mit „Teilerbauseinandersetzung“ (§ 2 des Vertrags) überschriebenen Klausel– das Grundstück übertrug.

b) Die Klägerin hat mit der Veräußerung des Grundstücks für 240.000 EUR ein nach § 23 Abs. 1 Satz 1Nr. 1 EStG steuerbares Veräußerungsgeschäft nur insoweit verwirklicht, als siedas Grundstück aufgrund des Grundstücksübertragungsvertrags in Erfüllung des Vermächtnisses entgeltlich erworben hatte. Dies geschah hier in Höhe von 25 %.Denn die Klägerin musste lediglich einen Betrag von 25 % des Verkehrswerts an die Miterbin zahlen. Damit ist den Anschaffungskosten von 59.700 EUR ein anteiliger Veräußerungspreis von 60.000 EUR gegenüberzustellen, so dass sich unter Berücksichtigung von unstreitigen Veräußerungskosten kein Gewinn nach §23 Abs. 3 EStG ergibt.

3. Die Sache ist spruchreif; der Klage ist stattzugeben. Die Klägerin hat nach den tatsächlichen Feststellungen des FG keinen Veräußerungsgewinn erzielt.

Gut wenn Erben und künftigen Erben derartige Informationen bekannt sind. GGf. konsultieren auch solche die dem Staat nicht unnötiger Weise Erbschaftssteuer bzw. Steuerbare Veräußerungsgeschäfte nach § 23 ESTG ermöglichen wollen ja ggf. frühzeitig Rechtsanwälte oder Steuerberater, die diese Zielsetzung unterstützen. Jedenfalls sollte gerechnet werden bevor testamentarische Verfügungen erfolgen. Wer allerdings will, dass Erben oder Begünstigte Steuern zahlen muss dies aber natürlich nicht.

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